Donald Trump hatte kaum seine Drohungen ausgesprochen und schon tappen die Adressaten in seine Falle.
Auf Trumps Vernichtungsdrohung bei der Vollversammlung der UNO in
New York am 21. September gegen Nordkorea hat der nordkoreanische
Herrscher Kim Yong-un mit verbalem Säbelrasseln „Amerika wird für einen
Krieg gegen Nordkorea einen hohen Preis bezahlen“ und mit der
Androhung der Explosion einer Wasserstoffbombe im Pazifik reagiert. Der
Präsident der Islamischen Republik Hassan Rouhani hat unmittelbar nach
seiner Rückkehr aus New York und am Jahrestag des Beginns des
iranisch-irakischen Krieges vor 37 Jahren auf die Drohung Trumps, das
Atomabkommen mit Iran aufkündigen zu wollen, mit einer massiven
Aufrüstung der Islamischen Republik gedroht.
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Also funktioniert alles ganz gut, was sich der US-Präsident
ausgedacht hat. Seit dem Beginn seiner Amtszeit unterlässt Trump keine
Gelegenheit, um demonstrativ zu bekunden, dass er in allererster Linie
ein Mann der US-Rüstungsindustrie ist. Schon bei der Vorlage des
Haushaltsgesetzes im Februar diesen Jahres verkündete er, in allen
Haushaltssektoren sparen zu wollen, nicht jedoch bei der Sicherheit. Die
Militärausgaben wolle er vielmehr um 54 Milliarden Dollar anheben, die
„ausgelaugte Armee“ brauche endlich „eine Finanzspritze“. In der
UN-Generaldebatte brüstete sich Trump mit seinem Militäretat von 700
Milliarden Dollar, was im Vergleich zu 2016 eine Steigerung von 11.5 %
bedeutet – ein Rekord in der US-Geschichte. Damit wird ein neues
globales Wettrüsten mit Kettenreaktionen in alle Richtungen in Gang
gesetzt: Erst rüsten Russland und China als Reaktion auf den
gigantischen Ausbau des US-Rüstungsarsenals auf, dann die europäischen
Staaten als Reaktion auf die „neue“ Bedrohung durch Russland, und dann
reagieren auch noch Japan und andere Länder Asiens ebenfalls mit eigener
Aufrüstung auf die Bedrohung durch China. So kann sich die Spirale des
nuklearen Rüstungswettlaufs nach oben drehen.
Der US-Präsident vergisst auch nicht, bei jeder Gelegenheit andere
Nato-Staaten an „ihre Verpflichtung“ zu erinnern, „ihr Militärbudget auf
2 Prozent ihres Inlandsprodukts zu erhöhen“. Um bei ihnen auch noch
ein Schuldgefühl zu erzeugen, wird ergänzend hinzugefügt, dass die
Nato-Verbündeten der USA „schließlich selbst für ihre Sicherheit zahlen
sollten“. Dass Europas Regierungen, allen voran Angela Merkel und
Ursula von der Leyen, in ihrer Naivität auf die für die Nato-Staaten
zurechtgebastelte Sicherheitsfalle hereinfallen und sich dabei hinter
früheren Nato-Beschlüssen verstecken, ist einfach zum Verzweifeln.
Auch der vollständig absurde Atomkonflikt mit Nordkorea kann, würde
man einen halbwegs rationalen Verstand voraussetzen, in letzter Instanz
ein gefährliches nukleares Wettrüsten nicht nur auf der koreanischen
Halbinsel, sondern zwischen den USA und den nordkoreanischen Verbündeten
China und Russland auslösen. Was würde eigentlich um Himmels Willen in
der Welt passieren, wenn die US-Regierung die Forderung des
nordkoreanischen Regimes nach einer Sicherheitsgarantie erfüllte und
damit dieser mörderischen Inszenierung des lächerlichen, aber dennoch
gefährlichen Wettkampfes eines halbstarken Davids gegen einen
muskelprotzigen Goliat ein Ende setzte? Aus meiner Sicht nichts.
Vielmehr würde der Weg dafür geebnet werden, dass sich beide Staaten der
koreanischen Halbinsel wiedervereinigen und den seit dem Koreakrieg
anhaltenden Konflikt beenden könnten. Alle US-Regierungen haben jedoch
Nordkorea bisher diese Sicherheitsgarantie verweigert, weil ohne
Feindbild des nordkoreanischen Regimes die USA ihren Grund als Schutz-
und Hegemonialmacht von Korea, Japan, Indonesien, Malaysia und anderen
asiatischen Staaten über Nacht verlieren würden. Trump provoziert mit
seinen verbalen Attacken Nordkorea zusätzlich zu mehr Atombomben, um das
Wettrüsten in Asien aufzuheizen. Das ist aber noch längst nicht alles.
Gleich nach seinem Wahlsieg geißelte der US-Präsident neben Nordkorea
auch Iran. Die Islamische Republik sei der größte Unsicherheitsfaktor
im Mittleren Osten. Außerdem stellte er das nach mühsamen Verhandlungen
der internationalen Gemeinschaft mit dem Iran erzielte
Iran-Atomabkommen in Frage. Die Früchte seiner zutiefst antiiranischen
Drohgebärden erntete er im Mai 2017, als er in Saudi-Arabien Aufträge
im Umfang von über 300 Milliarden Dollar für die US–Rüstungsindustrie
an Land zog. Schon damals war die Aufrüstung dieses archaischen
Wüstenstaates eine klar an die iranische Adresse gerichtete ungeheure
Provokation. In der jüngsten UN-Vollversammlung setzte Trump seine
Attacken gegen die Islamische Republik fort, die er als Schurkenstaat
bezeichnete. Doch damit nicht genug. Er drohte auch ernsthaft damit,
das Iran-Atomabkommen zu annullieren und erneut jene Unsicherheit
herzustellen, die 2006 beinahe zu einem Krieg der USA unter George W.
Bush gegen Iran geführt hätte. Leider tappte nun auch der iranische
Präsident mit seiner Reaktion auf Trumps Provokation in die Falle eines
neuen und sehr gefährlichen Wettrüstens im Mittleren Osten. Ein
ähnliches Wettrüsten in den 1980er Jahren zwischen Iran unter dem
Schah- Regime und Irak unter Saddam Hussein mündete schließlich 1980 in
den achtjährigen Krieg zwischen diesen Staaten, der auf beiden Seiten
verbrannte Erde und über eine Million Opfer hinterlassen hat. Gewinner
dieses Wettrüstens und des darauf folgenden Krieges war der globale
Rüstungssektor und allen voran die amerikanische Rüstungsindustrie.
Verlierer waren nicht nur Iran und Irak, sondern die gesamte Region, in
der bis heute Krieg geführt und gemordet wird, ganz im Sinne der
Rüstungsindustrie. Trump beabsichtigt offensichtlich, diese historische
Katastrophe aufs Neue zu entfachen. Inzwischen ist der Tausch von
Petrodollars gegen Waffen für die US-Rüstungsindustrie zu einer
Selbstverständlichkeit und zu einem Wachstumsmotor für die
amerikanische Wirtschaft geworden.
Welche Absicht aber verfolgt Donald Trump, dass er seit seinem
Wahlsieg ununterbrochen mit dem Feuer des Wettrüstens in der Welt spielt
und dass er auch mit seinem unsäglichen Nationalismus „Amerika First“
einer Welt das Wort redet, in der jeder gegen jeden seine kurzfristigen
Interessen zu Lasten der schwächsten und ärmsten Staaten und der
künftigen Generationen durchsetzt, notfalls auch mit Gewalt? Und was
hätte schließlich dieser US-Präsident davon, wenn er so offen, so
gezielt, so systematisch und so akribisch in allen Regionen der Welt, in
Europa, in Asien und im Mittleren Osten mit einem hemmungslosen
Wettrüsten zündelt, das irgendwann aus dem Ruder geraten und in einen
Dritten Weltkrieg einmünden könnte?
Ich habe den Verdacht, dass Donald Trump, seines Zeichens ein
erbarmungsloser Immobilienhändler, das Ziel verfolgt, sich mit seiner
bisherigen Politik die hundertprozentige Unterstützung des
Militärisch-Industriellen Komplexes, des größten inneramerikanischen
Machtfaktors, zu sichern. Angesichts seines grandiosen Scheiterns in
allen andern Bereichen, wie z.B. Obamacare, der Einwanderungspolitik
oder der Beziehung zur EU, ist die Gefahr immer realer geworden, dass
Trump nicht bis zum Ende seiner Amtszeit Präsident der Vereinigten
Staaten bleibt. Jeder weiß, dass keine politische Kraft in den USA in
der Lage ist, ohne Rückendeckung der Rüstungsindustrie einen
US-Präsidenten zu wählen oder abzuwählen. Trump, der mit allen Mitteln
US-Präsident bleiben will, egal was er sonst noch in der Welt für
Katastrophen anrichtet, weiß das längst. Zudem schafft er mit seiner
verantwortungslosen Politik des nach-mir-die-Sintflut auch einen
wichtigen Nebeneffekt: die massiven US-Rüstungsexporte dürften nämlich
die sonst nicht wettbewerbsfähige amerikanische Wirtschaft kräftig
ankurbeln und neue Arbeitsplätze schaffen, damit würde also wenigstens
ein zentrales Wahlversprechen Trumps gegenüber den eigenen Wählern
erfüllt. Diese Arbeitsplätze werden allerdings mit dem Risiko eines
millionenfachen Blutvergießens, gerade auch bei der Zivilbevölkerung, in
der Welt erkauft – von der Gefahr eines Dritten Weltkrieges ganz zu
schweigen.
Um jedoch Trumps Versuche der neuerlichen Aufheizung eines
Wettrüstens ins Leere laufen zu lassen, müssten die EU und die
internationale Gemeinschaft insgesamt erstens auf der Gültigkeit des
Iran-Atomabkommens bestehen. Ferner und zweitens wäre es angebracht,
statt die Krise verschärfende, fast ritualisierte Sanktionen durch den
UN-Sicherheitsrat gegen Nordkorea fortzuführen, den UN-Generalsekretär
darin zu bestärken, Verhandlungen um eine diplomatische Lösung des
Konflikts zwischen Nordkorea und den USA auf die politische Agenda zu
setzen.