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    Sicherheitsberater des US-Präsidenten John Bolton (Archivbild)

    „Iran und EU sind John Bolton in die Falle gegangen“ – Experte zur Situation im Persischen Golf

    © AFP 2019 / BRENDAN SMIALOWSKI
    Politik
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    Ilona Pfeffer
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    Dass die Festsetzungen des iranischen Öltankers durch Großbritannien und des unter britischer Flagge fahrenden Schiffes durch den Iran illegal waren, steht für Experten außer Frage. Doch was steckt hinter diesen Aktionen und wessen Interesse würde eine Eskalation des Konfliktes dienen?

    Im Verhältnis zwischen dem Iran und dem Westen scheint eine Entspannung in immer weitere Ferne zu rücken. Seit gut einem Monat hält Großbritannien den iranischen Öltanker „Grace 1“ fest, am 19. Juli haben die iranischen Revolutionsgarden ihrerseits die unter britischer Flagge fahrende „Stena Impero“ nahe der Straße von Hormuz festgesetzt. Beide Aktionen seien illegal gewesen, kommentiert der ehemalige britische Botschafter und Seerechtsexperte Craig Murray in einem aktuellen Eintrag auf seinem Blog, und warnt: Die Implikationen eines Kollapses des grundlegenden internationalen Rechtes über die Durchfahrt durch Meerengen wären für die Weltwirtschaft verheerend.  Die Straße von Hormuz sei enorm wichtig und Großbritannien habe absolut kein Recht, sie für den Iran oder Syrien zu sperren.

    „Selbst wenn die EU Sanktionen hat, die ein iranisches Schiff davon abhalten sollen, venezolanisches Öl nach Syrien zu liefern, haben die EU und ihre Mitgliedsstaaten absolut kein Recht, in Umsetzung dieser Sanktionen ein iranisches Schiff an der Passage durch die Straße von Gibraltar zu hindern. Genauso wenig, wie Iran Sanktionen dagegen aussprechen kann, dass saudisches Öl nach Europa geliefert wird, und deswegen die Straße von Hormuz dichtmachen.“

    Auch Mohssen Massarrat, emeritierter Professor für Politik und Wirtschaft an der Universität Osnabrück, bezeichnet die Beschlagnahme des iranischen Schiffes als völkerrechtswidrig.  

    „Die britische Aktion war illegal. Ich bin aber der Meinung, dass der Iran hier einen Fehler gemacht hat, ebenso eine völkerrechtlich nicht gedeckte Aktion zu starten.  Damit ist der Iran in eine Falle gegangen, die John Bolton für den Iran, aber auch für die EU aufgestellt hatte.“

    Seerechtsexperte Craig Murray erklärt in seinem Blogeintrag, was die einzigen Voraussetzungen wären, unter denen Großbritannien ein iranisches Schiff in der Straße von Gibraltar legal abfangen könnte:

    „Eine davon wäre die Umsetzung einer Resolution des UNO-Sicherheitsrates nach Kapitel VII der UN-Charta. Es ist aber keine solche Resolution in Kraft. Die zweite Möglichkeit wäre ein Krieg zwischen Großbritannien und dem Iran oder Syrien. Solch ein Kriegszustand existiert nicht.“

    Mohssen Massarrat gibt zu bedenken, dass auf Drängen Boltons hin die Gesetze von Gibraltar 48 Stunden vor der Festsetzung des iranischen Tankers geändert worden sind. Zweck sei gewesen, der Aktion einen „halbwegs rechtlichen Anstrich“ zu verleihen. „Es ist eine politische Aktion und zielt darauf ab, dass letztlich Großbritannien und die EU mit der eigenen Marine im Persischen Golf aufwarten“, schlussfolgert der aus dem Iran stammende Politikwissenschaftler.

    Der nationale Sicherheitsberater Trumps und seine Mitstreiter bildeten ein „Kriegstreiberlager“, das seit einem Jahr versuche, alle Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass innerhalb der USA und in der US-Führung ein Konsens für einen Krieg entstehe. Noch gebe es viele im Pentagon und in der US-Führung, die gegen einen solchen Krieg seien, und deren Bedenken gelte es für Bolton auszuräumen. Bolton, der bis heute daran festhalte, dass der US-Krieg gegen den Irak richtig gewesen sei, brauche für den angestrebten Konsens auch die Sicherheit, dass die USA in einem möglichen Krieg gegen den Iran nicht alleine dastehen würden, so Massarrat.

    „Am liebsten wäre es Bolton, wenn die EU-Staaten, gewollt oder ungewollt, in diesen Krieg hineingezogen werden würden. Ich interpretiere die Aktion von John Bolton im Zusammenhang mit der Straße von Gibraltar, die durchaus schlau ausgedacht war, als eine Aktion dafür, dass auf diese Weise die EU-Staaten anfangen, sich militärisch gegen den Iran aufzustellen.“

    Dieser Schritt sei kein Schritt zur Deeskalation, wie die Grünen, wie vor allem Norbert Röttgen (CDU) und nicht zuletzt Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) meinen würden. Eine militärische Präsenz der EU in der Straße von Gibraltar würde vom Iran unweigerlich als Aggression aufgefasst werden und die Eskalation im Persischen Golf vorantreiben.

    „Ich denke, die EU hat die Frage intern gar nicht geklärt, ob die Aktion von Großbritannien rechtens war. Eigentlich hätte der Iran vor das Gericht in Den Haag ziehen müssen, hat es aber nicht getan. Aber die EU-Führung müsste zuallererst daran interessiert sein, diese Angelegenheit intern völkerrechtlich klären zu lassen, um eine EU-Position einzunehmen. Das tut sie bisher nicht und schließt sich indirekt der Interpretation von Großbritannien an. Aus meiner Sicht ist das ein schwerwiegender Fehler, der den EU-Regierungen keine andere Wahl lässt, als zu sagen: Als Lösung kommt nur die Beteiligung an einer militärischen Aktion im Persischen Golf infrage.  Und man lässt die plausible Lösung des Austausches Schiff gegen Schiff als deeskalierende und machbare Alternative völlig außer Acht.“

    Dass mit dem einseitigen Rückzug der USA aus dem Atomabkommen der Grundstein für den gegenwärtigen Konflikt gelegt worden sei, gerate auch zunehmend in Vergessenheit. Was in den Leitmedien hierzulande zur „Aufkündigung eines Vertrags“ abgeschwächt werde, sei in Wahrheit ein Bruch des Völkerrechts durch die USA gewesen. Nun würden dem Iran angebliche Verstöße gegen das Abkommen in die Schuhe geschoben, was einer Rechtfertigung eines möglichen Krieges diene. Die formale Unterstützung der EU für den iranischen Handel durch INSTEX sei zwar ein Zeichen des guten Willens, funktioniere de facto aber nicht, so der Experte.

    „Die EU müsste eigentlich einen Schritt weiter gehen und aus Eigeninteresse die US-Herausforderung annehmen. Denn die USA führen nicht nur gegen den Iran einen Wirtschaftskrieg, sondern auch gegen die EU. Das muss die EU-Elite endlich begreifen und darauf eine entsprechende Antwort geben. Genauso wie China, Indien und teilweise auch die Türkei eigenständige, von US-Interessen unabhängige Antworten darauf geben.“ 

    Für eine von US-Interessen weitgehend unabhängige Politik sieht Massarrat zumindest für Großbritannien schwarz. Der Experte erwartet vielmehr, dass das scheidende EU-Mitglied unter Boris Johnson vollständig auf US-Linie umschwenken wird, wie Tony Blair es seinerzeit im Irak-Krieg getan habe.

    Das komplette Interview mit Mohssen Massarrat zum Nachhören:

     

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      • Jimmy HendrixAntwort anHabanero(Kommentar anzeigenKommentar ausblenden)
        Habanero, B.O.L.T.O.N ist eine Abkürzung und steht für: Bully & Obliterate Law & Treaty abiding Organisations and Nations. Zu Deutsch: "Mobben & Ausrotten von rechts- & vertragstreuen Organisationen & Nationen."
      • Jimmy HendrixAntwort anTrefor(Kommentar anzeigenKommentar ausblenden)
        Trefor, ich bin schon lange und von Anfang an ein harter Kritiker davon, wie sich Russland und China zum Iran gesellen: nämlich gar nicht oder nur halbherzig. Schon aus reinem Selbstinteresse sollten diese beiden Länder viel mehr tun und dynamisch Irans absolut legale Ansprüche in der Region vertreten, unterstützen. Ein markantes Beispiel: die kriminellen USA zerstören ganz konkret die Chinesische Nationale Einheit durch Patronage und milliardenschwere Waffenlieferungen an TAIWAN. Ich kann im Umkehrschluss nicht verstehen, warum China den Iran nicht mit modernen Waffensystemen ausstattet: es gibt da eine ganze Pallette, was man tun kann, um dem Ami Terroristen in dieser heiklen Gegend wehzutun oder ihn von Dummheiten abzuhalten. ||●□■
      • Ambuya
        Und gegen diesen einen Bolton läßt sich gar nichts tun? - Das meint ihr wohl nicht ernst, lasst euch doch nicht auslachen!
      • PhilippAntwort anTrefor(Kommentar anzeigenKommentar ausblenden)
        Trefor, Russland und China unterstützen schon, wenn man Indien noch ins Boot bekäme, wäre der Krieg für die Amerikaner die Todesfalle. Der Iran gehört zu Indiens Interessenssphäre und unterhält enge Beziehungen zu dem Land. Dann gebe es ein Tandem aus Russland China und Indien die den Iran unterstützen. Dann könnte es eine Arbeitsteilung für die Supportmaßnahmen geben. Einer kümmert sich um Marine der andere Flugabwehr und der Dritte macht Bodentruppen. Gerade die Flugabwehr muss ständig regeneriert werden, denn die Amis werden auf ihre Luftüberlegenheit setzen.
      • Philipp
        Der Iran könnte den Fehler ja schnell korrigieren und den Tanker frei lassen wenn es nötig würde.
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        almundy
        Hoffentlich wird der EU endlich bewusst,das der Israeli umd Ami hinterlistige Kriegstreiber sind !Diesen beiden Terror Staaten ,muss ein für allemal ,von China ,Russland ,Iran und Syrien Einhalt geboten werden und sollte es militärisch sein!Denn diese Staaten können ohne Krieg nicht leben!!!
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        almundy
        Hoffentlich wird der EU endlich bewusst,das der Israeli umd Ami hinterlistige Kriegstreiber sind !Diesen beiden Terror Staaten ,muss ein für allemal ,von China ,Russland ,Iran und Syrien Einhalt geboten werden und sollte es militärisch sein!Denn diese Staaten können ohne Krieg nicht leben!!!
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        At_Tiffany
        Die deutsche Bundesregierung weiss,Ihr Verhalten hat keinerlei Einfluss auf zukünftige Wählergebnisse. Hartz IV, Rentenkürzungen auf 50 %, prekäre Beschäftigung etc. pp hatten es auch nicht, also auf in den Iran-Krieg, lässt sich was dran verdienen
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        DamaAntwort anHabanero(Kommentar anzeigenKommentar ausblenden)
        Habanero, ... und bei der Nennung des Stalls bitte nicht vergessen, Putin auch ;-) Macht bleibt Macht, egal wie man es gerne sehen würde oder darstellt. Der kleine, oberkörperunbekleidete Dicke ist genauso ein Machtmensch, wie alle anderen auch! Mit einem Unterschied, er gehört zu den reichsten, wenn nicht sogar der reichste Mensch überhaupt! Hier würden das vermutlich gewisse Trolle als Zi.....schwein bezeichnen ;-)
      • Fred S.Antwort anHabanero(Kommentar anzeigenKommentar ausblenden)
        Habanero, der verstorbene Reichskanzler hatte wenigst Charakter und ein Charisma, was man von Bolton nicht wirklich behaupten kann.
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        KIAntwort anPhilipp(Kommentar anzeigenKommentar ausblenden)
        In diesem Krieg wird es nur Verlierer geben. Im extremsten Fall die ganze Menschheit.
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        KIAntwort analmundy(Kommentar anzeigenKommentar ausblenden)
        Die EU hat kein Bewusstsein. Zudem wird sie von Deutschland, Israels besten Freunden diktiert.
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        Bernd
        Das Problem ist, dass die „EU-Elite“ ferngesteuert ist und die Verbrecher an der Remote-Control in Amerika sitzen.
      • PidouAntwort anJimmy Hendrix(Kommentar anzeigenKommentar ausblenden)
        Jimmy Hendrix, Russland und China tun schon ziemlich viel für den Iran. Die müssen auch an ihre eigene Sicherheit denken. Schliesslich wollen beide Länder keinen Krieg mit den USA. Das ist immer ein Marsch auf des Messers Schneide und ich bewundere die Diplomatie der beiden Staatcheffs Putin und Xi.
      • PidouAntwort anPhilipp(Kommentar anzeigenKommentar ausblenden)
        Philipp, Solange der Iranische Tanker in Gibraltar festsitzt und das entgegen dem Völkerrecht, ist das eher unklug!
      • PidouAntwort anDama(Kommentar anzeigenKommentar ausblenden)
        Dama, Wenn Ihr Kommentar eine verunglimpfung Putins sein sollte, müsste ich Ihnen sagen, Sie sind schlecht informiert! Lernen Sie Ihn, Putin erst mal kennen. Alles was Sie schreiben ist reine aus den Int. Medien heraus geleierte Unterstellung!
      • PhilippAntwort anPidou(Kommentar anzeigenKommentar ausblenden)
        Pidou, ein direkter Krieg mit den USA ist unwahrscheinlich, aber nach den aktuellen Entwicklungen ist ein Stellvertreterkrieg dagegen sehr wahrscheinlich wenn die USA den Iran angreifen. Und schon sind die Chancen für den Iran deutlich höher.
      • PhilippAntwort anPidou(Kommentar anzeigenKommentar ausblenden)
        Pidou, in dem Artikel ging es um eine Falle, die Bolton gestellt hat. Diese Falle ist aber sehr wacklig wenn der Iran den Tanker frei lässt.
      • PhilippAntwort anKI(Kommentar anzeigenKommentar ausblenden)
        KI, das stimmt, aber die USA führen seit ihrer Unabhängigkeit nur Krieg und fast nur Angriffskriege um ihr Territorium zu erweitern. Frag mal die Mexikaner oder Indianer wie brutal die USA mit ihren ach so hohen Werten vor gehen und wie Vertragstreu sie schon immer waren. Das zieht sich wie ein roter Faden durch die amerikanische Geschichte bis in die Gegenwart. Doch diesmal ist der Iran die Endstation.
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        otto-remagen
        Frau Pfeffer haben sie sich schon einmal mit dem Völkerrecht , internationalen Seefahrtsrecht eingehen beschäftigt ? Ihrem Artikel nach nein . Bitte geben sie hier der USA und eventuell Willigen keine Handhabe einen Krieg mit dem Iran zu beginnen . Eine Antwort erwarte ich zwar , aber sie werden mir nicht antworten .
      Tags:
      Craig Murray, Deutschland, Annegret Kramp-Karrenbauer, Öltanker, Straße von Hormus, Eskalation, John Bolton, EU, USA, Iran