Freitag: Die Ost-West-Wochenzeitung  15

13.04.2007


 

Mohssen Massarrat

Sieg nach Punkten

 



MEDIEN-FIGHT*Der PR-erfahrene Tony Blair hat eine PR-Schlacht gegen die Islamische Republik Iran klar verloren

Tony Blair hat seine Soldaten nach ihrer R�ckkehr aus Teheran quasi unter die Quarant�ne der Zensur gestellt. Direkte Interviews mit Journalisten bleiben untersagt. Es gibt lediglich eine Pressekonferenz, zu der die Soldatin, die w�hrend der Aff�re im Iran die zentrale Figur war, erst gar nicht erschien. Ihr blieb offenbar die Rolle vorbehalten, f�r viel Geld die britische Version des Vorfalls in der Presse zum Besten zu geben. Es scheint einigerma�en suspekt, dass vom Verteidigungsministerium entgegen eigener Tradition ein derartiges "Gesch�ft" zugelassen wird. Auf der Pressekonferenz sah man so genannte Freiwillige, die Erkl�rungen vorlasen und dabei sehr viel verkrampfter wirkten als bei ihren Auftritten im iranischen Fernsehen. Man darf auf weitere �berraschungen im britisch-iranischen Medienkrieg gespannt sein.

Der PR-erfahrene Blair hat eine Schlacht gegen die Islamische Republik Iran klar verloren, die im Westen so gern als Inbegriff von Zensur und medialer Inszenierung verdammt wird. Zugleich hat sich die F�hrung in Teheran nicht erfolglos darum bem�ht, politisch an Boden zu gewinnen, was ihr allerdings nur auf einem Nebenkriegsschauplatz gelungen ist. Im Atomstreit befindet sie sich nach wie vor in der Defensive.

Im Fall der Marinesoldaten steht der Iran deshalb besser da, weil hier seine Position alles in allem glaubw�rdiger ist. Die Festnahme der britischen Milit�rs in iranischen Hoheitsgew�ssern war ein Akt der Souver�nit�t und darum schwer angreifbar. Demgegen�ber bleibt der Versuch, das eigene Sicherheitsproblem, wie es mit dem Atomkonflikt zum Ausdruck kommt, als "Energieproblem" zu verkaufen, f�r die �ffentliche Meinung unglaubw�rdig. Mehr noch, es liefert den Kriegstreibern um Bush und Cheney die willkommene Begr�ndung, um ihre geostrategischen Ziele im Mittleren Osten, zu denen ein Regime Change im Iran geh�rt, weiter zu verfolgen. Man sieht bei diesem Vergleich, die Glaubw�rdigkeit kann eine st�rkere Macht als jenes Recht sein, das der Iran in �bereinstimmung mit dem Atomwaffensperrvertrag f�r sich in Anspruch nimmt.

Die Schlussfolgerung kann nur lauten, die Islamische Republik muss die eigenen wie auch die Sicherheitsdefizite anderer L�nder der Region in den Vordergrund stellen, um so den eigentlichen Konflikt offen zu benennen und sich nicht l�nger hinter dem Recht zur Anreicherung von Uran zu verschanzen. Kaum je erschien ein solcher Sinneswandel dringlicher als jetzt.

Denn eines steht au�er Frage, nach �bereinstimmender Meinung aller Experten sind die milit�rischen Vorbereitungen f�r einen Angriff auf den Iran l�ngst abgeschlossen. George Bush k�nnte jederzeit auf den Knopf dr�cken. Z�gert er, so ist das auf die prek�re Lage im Irak, aber ebenso auf den wachsenden Widerstand bei den Demokraten im Kongress wie in der US-Armee zur�ckzuf�hren. Man f�rchtet die Folgen eines Iran-Krieges inzwischen offenbar mehr als einen Iran, der mit nuklearen Kapazit�ten ausgestattet ist. Ohne Zweifel wollte Nancy Pelosi, die demokratische Sprecherin des Repr�sentantenhauses, mit ihrer Reise nach Syrien, also in einen "Schurkenstaat", Bushs Kriegspl�ne offen durchkreuzen. Sie w�re vermutlich lieber in den Iran geflogen, h�tte das nicht schwerste innenpolitische Verwerfungen heraufbeschworen, die Pelosi nicht riskieren wollte. Trotzdem war ihr Abstecher nach Damaskus im Prinzip der Ersatz f�r eine Tour nach Teheran.

Die besonnenen Kr�fte in der F�hrungsriege der Islamischen Republik gehen grunds�tzlich davon aus, dass Pr�sident Bush nur noch bis zum Sommer Zeit hat, die gegen Iran gerichteten Kriegspl�ne in die Tat umzusetzen - dann beginnt in den USA das Wahljahr. Deshalb wird die Gefahr einer Intervention in Teheran nach wie vor sehr ernst genommen, und man will Bush keinen Vorwand f�r eine Eskalation liefern - ein bestimmendes, wenn nicht das entscheidende Motiv, die Briten nach Hause zu lassen.

Doch auch ein Blick in die Nachbarschaft ermahnt zur M��igung. Saudi-Arabien f�hlt sich nicht nur zum Sprecher der Arabischen Welt berufen und ist diplomatisch sehr rege - es spielt im Atomkonflikt eine Doppelrolle. Einerseits f�rchtet K�nig Abdullah um die eigene Herrschaft, sollte es zu einem Waffengang gegen den Iran kommen - und ist deshalb dagegen. Andererseits bleibt er existenziell von der US-Regierung abh�ngig und spielt auf der Klaviatur von Condoleezza Rice, die diplomatische Vorkehrungen f�r den "Tag X" trifft. So ist dem saudischen K�nig "pl�tzlich" der eigene Plan f�r eine L�sung des Konflikts zwischen Israelis und Pal�stinensern wieder eingefallen, den er vor f�nf Jahren schon einmal pr�sentiert hat - und dessen Kern im R�ckzug der Israelis auf die Grenzen von 1967 besteht. Abdullah zaubert diese Idee wohl nicht zuf�llig gerade jetzt aus dem Hut, sollen doch die radikalen Kr�fte im sunnitischen Lager, besonders die Hamas, in die von Bush und Rice gestrickte neue arabische Allianz eingebunden werden. Ein strategischer Schachzug, um f�r den Fall einer US-Intervention gegen Teheran einer starken schiitischen Allianz zwischen dem Iran, fundamentalistischen Kr�ften im Irak und der Hisbollah im Libanon eine Koalition der Sunniten entgegenzusetzen.

Ob das gelingt, dar�ber darf spekuliert werden. Momentan kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die offen zur Schau gestellten iranischen Ambitionen auf eine milit�rische Dominanz in der Region alle Araber verunsichert, teilweise verschreckt haben. Das st�rkt die saudische F�hrung, w�hrend die iranische gute Vorlagen liefert, um anti-persische Obsessionen der Araber zu revitalisieren. F�r viele arabische Nationalisten stellt derzeit der Iran eine gr��ere Gefahr f�r die arabische Welt dar als Israel.

   
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